wie es scheint so ist es
Bildnis Konrad Bayer
Konrad Bayer, 1932 in Wien geboren und dort 1964 durch Freitod gestorben, fand Anfang der fünfziger Jahre durch Ermutigung H.C. Artmanns zur Literatur. Zusammen mit diesem, mit Gerhard Rühm, Oswald Wiener und Friedrich Achleitner bildete er die 'Wiener Gruppe', die im erstarrten Wiener Kulturbetrieb der Nachkriegszeit mit Lesungen, Konzerten, Theater und Performances für verschiedene Skandale sorgte. Anknüpfend an die Sprachpioniere des Expressionismus, Surrealismus und Dadaismus entstanden Gedichte, Texte und Theaterszenen, in denen das Experimentieren mit der Sprache im Vordergrund stand. Eine besondere Bedeutung kam dabei der Montagetechnik und der Entwicklung quasi mechanisierter Formen des Schreibens zu. Die Sprache geriet darüber zu Bayers Forschungsgebiet und mit ihr, in Folge der Philosophie Ludwig Wittgensteins, die Frage nach dem Bewusstsein, das sich durch Sprache äußert. Mit den Experimenten in sprachlichen Grenzbereichen sondierte er immer auch die Grenzen menschlichen Bewusstseins. 'seine grundthemen sind die paradoxie, der zwang, die auflehnung, das einfrieren, erstarren, der tod, die austauschbarkeit schliesslich: eins ist wie das andere' schreibt Gerhard Rühm im Vorwort des von ihm herausgegebenen Bayer'schen Gesamtwerks. Auf der Tagung der Gruppe 47 im Herbst 1963 las Bayer mit großem Erfolg Texte aus 'der sechste sinn', wobei er vor allem Ernst Bloch als Fürsprecher gewann, der die philosophische Tiefe seiner Texte betonte. Die folgende Tagung im September 1964 geriet für Bayer aber überraschend zu einem Desaster, was zusammen mit anderen persönlichen Krisen wahrscheinlich zu seinem frühen Tod einen Monat später führte.